Über Distomo liegt der Schatten der Vergangenheit        
























Distomo, ein Dorf am Fuße des Parnassos-Gebirges ist für immer gezeichnet. Nur schwer können sich seine Bewohner vom Schatten der Vergangenheit lösen. Am 10. Juni 1944 ermordete die deutsche SS in einer so genannten "Vergeltungsaktion" über 200 unschuldige Bewohner des Dorfes. (Übrigens wurde am selben Tag ein ähnliches Verbrechen im französischen Oradour sur Glane verübt.) Keine Familie in Distomo blieb verschont. Männer, Frauen, Greise, Kinder - das jüngste Opfer war gerade einmal zwei Monate alt (siehe Bild weiter unten). Bis heute blieb das Verbrechen ungesühnt. Die Ausführenden des Verbrechens von Distomo versammeln sich jährlich zum lustigen Kameradschaftstreffen, um Erinnerungen auszutauschen... Bis heute haben die Familien von Distomo keinerlei Wiedergutmachung erfahren.  





































Auf einem Hügel vor dem Dorf wurde eine schlichte Gedenkstätte mit einem kleinen Mausoleum errichtet. Alljährlich findet hier im Juni eine eindrucksvolle Feier statt. Der Autor hat selbst mehrfach an diesen Veranstaltungen teilgenommen und dabei herzliche griechische Gastfreundschaft erfahren, von Menschen, die durchaus zwischen Deutschen und Deutschen unterscheiden können. Von kollektiver Schuldzuweisung keine Spur.




 
































Schier endlos ist die Liste mit den über 200 Namen, die in weißen Marmor gemeißelt sind. Im Mausoleum ist die Vergangenheit gegenwärtig: In einem schlichten Schrank werden die sterblichen Überreste der Ermordeten aufbewahrt, jeder einzelne mit einem Namensschild versehen.              
 






















Das oberste deutsche Gericht lehnte die Forderungen der griechischen Familien ab und erklärte den deutschen Staat schlicht für nicht zuständig. Aber so leicht geben die Menschen von Distomo nicht auf. Per gerichtlicher Verfügung ließ man die Immobilie des Goetheinstituts in Athen und die deutschen Schulen in Athen und Thessaloniki pfänden. Eine öffentliche Versteigerung würde die Forderungen der Bürger von Distomo in etwa decken. Die Geschichte bleibt also spannend...  

Wenn Sie nach Delphi fahren oder von Delphi zum Kloster Ossios Lukas (die Straße führt ohnehin unmittelbar an der Gedenkstätte vorbei), dann sollten Sie unbedingt auf den Hügel steigen. Gehen Sie nach Distomo, setzen Sie sich ins Kafeneion oder in eine Taverne. Sie brauchen sich nicht zu fürchten, als Deutscher erkannt zu werden. Man wird Sie aufnehmen wie jeden Fremden. Wie gastfreundlich Distomo ist, sehen Sie auf den Bildern unten, wie es uns in Distomo erging. Willi musste mit Nikos anstoßen, und Erdmute tanzte im Kafeneion mit Jannis zur Bouzouki-Musik, die offenbar so gut war, dass sie per Handy gewisermaßen live übertragen wurde.

   
     
Distomo ist heute ein modernes Dorf mit einer selbstbewussten Jugend, die auch alte Bräuche pflegt, wie diesen: eine ganze Gruppe junger Leute verkleidet sich in Ziegenfelle, behängt sich mit Kuhglocken, "bewaffnet" sich mit Hirtenstöcken und "fällt" in Tavernen oder Cafés ein, fordert dort Tribut in Gestalt von Getränken.      
               
Eigentlich ist das ein Brauch aus Nordgriechenland, (den man übrigens als "Kukeri" auch in Bulgarien kennt) der aber auch auf der Insel Skyros gepflegt wird. Ursprünglich sollten damit die bösen Götter des Winters vertrieben werden, heute ist es vielerorts Bestandteil des Karnevals, ebenso in Distomo. Die Tavernenwirte ließen sich nicht lumpen und bewirteten die jungen Leut, allerdings nicht wie der Wirt unten mt Ouzo und Metaxa, sondern mit alkoholfreien Getränken.      

Die Preise in den Tavernen und Cafés von Distomo sind recht moderat, kein Nepp wie in Delphi und Arachova.






     
           


     

 

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