Trotz Krise: Das neue Flaggschiff des griechischen Tourismus mit voller Kraft voraus
Pylos
Kalamata
Es gab zu „Costa Navarino“ viel Lob und viel Kritik. Jetzt, wo die erste Ausbaustufe in Betrieb ist, ist es wohl an der Zeit, etwas mehr darüber zu sagen. Fakt ist, dass die bisher schon getätigten und noch geplanten Investitionen in einer Gesamthöhe von mehr als einer halben Milliarde Euro (wobei die EU einen nicht unbeträchtlichen Teil finanziert hat) Messenien aus dem touristischen Dornröschenschlaf geweckt haben. Dazu beigetragen haben mehrere Faktoren. Dass Messenien eine überaus attraktive Landschaft hat, wussten Griechenland-Fans schon lange. Die in den vergangenen 20 Jahren freigelegten archäologischen Schätze des antiken Messene lockten immer mehr Neugierige in die Gegend, aber von Massentourismus konnte bisher keine Rede sein. Fluggesellschaften eröffneten stolz Linien nach Kalamata, stellten sie aber meist nach kurzer Zeit klammheimlich wieder ein. Mit dem neuen Hotelkomplex „Costa Navarino“ sollte sich das nun seit 2010 ändern. Mit einer Kapazität von fast 1000 Betten steht im „Costa Navarino Dunes“ in zwei attraktiven Hotelanlagen ein Angebot im gehobenen Segment des Tourismus zur Verfügung, das überraschenderweise sehr gut angenommen wird. Keine Spur von Krise, über 60 Prozent der Gäste sind Griechen, wie mir die PR-Managerin Nina Argyropoulou erklärt. Kongresstourismus, Veranstaltungen großer Firmen (Vodafon Italy hatte im September 2011 für vier Tage 750 Zimmer gebucht!), Individualtouristen, Golfer, Radsportler, aber auch Pauschalreisende sorgen für eine gute Auslastung. Auch mehrere deutsche Reiseveranstalter bieten mittlerweile "Costa Navarino" zu durchaus erträglichen Preisen an. Besonders der Kongresstourismus boomt – wer mag schon gern Tränengas und Randale in Athen als Begleiterscheinungen einer Tagung... "Costa Navarino" war bei Umweltschützern nicht gerade beliebt. Golfplätze sehen zwar schön grün aus, sind es aber im Sinne des Naturschutzes eigentlich nicht. Sie verbrauchen viel Wasser, und für den schönen grünen Rasen werden weltweit nicht zu knapp Herbizide verwendet. Hauptkritikpunkt war jedoch von Anfang an die unmittelbare Nähe zur berühmten Lagune von Gialova (Bild oben: die berühmte “Ochsenbauchbucht”, dahinter die Lagune). Hier leben in einem Naturschutzgebiet 271 Vogelarten, zudem noch wenige Exemplare des afrikanischen Chamäleons, es gibt zahlreiche seltene Pflanzen. Mitarbeiter der Vogelwarte beobachteten den fortschreitenden Bau mit Argwohn. Die Investoren hängten sich jedoch nicht nur ein grünes Mäntelchen um, sie taten und tun tatsächlich etwas. Valia Vanezi von der Entwicklungsgesellschaft „Temes“ erläutert mir Einzelheiten: Nur rund 10 Prozent der Fläche wurden oder werden bebaut, obwohl das Doppelte erlaubt wäre. Dem öffentlichen Netz wird kein Wasser entnommen, es wurden zwei eigene Stauseen gebaut mit einer Gesamtkapazität von 700 000 Kubikmetern Wasser, das nur in den Wintermonaten - bei erheblichem Wasserüberschuss - zu einem kleinen Teil (zwei Prozent!) den örtlichen Flüssen entnommen wird. "Costa Navarino" kann dadurch sogar bei Bedarf Wasser ins öffentliche Netz abgeben. Der Hotelkomplex verfügt über eine hocheffiziente Bio-Kläranlage, in der das gesamte Schmutzwasser recycelt wird. In der Projektierungsphase ist eine Photovoltaik-Anlage mit einer Spitzenleistung von 22 Megawatt. Das ist mehr als das Doppelte des Eigenverbrauchs! Unter den Golfplätzen (gestaltet von Bernhard Langer und Robert Trent Jones jr.) befinden sich 123 km Rohrleitungen zur Nutzung der Erdwärme. Darüber wurde eine Grassorte ausgesät, die 30 Prozent weniger Wasser braucht als andere Gräser, die gewöhnlich für Golfplätze verwendet werden. Kein Baum wurde beim Bau gefällt, alle wurden umgepflanzt, um den Charakter der Landschaft zu erhalten. 6500 Olivenbäume wurden mit einer Erfolgsquote von bisher fast 100 Prozent umgesetzt. Weitere 10.000 warten auf ihren „Umzug“. Andere - für die Region typische Bäume - werden neu gepflanzt, keine „Exoten“. „Costa Navarino“ stellt auch erhebliche Mittel für den Schutz der Meeresschildkröten zur Verfügung. Es versteht sich, dass innerhalb der Hotelkomplexe der Müll getrennt wird. In der „Navarino Natura Hall“ haben die Universität Stockholm gemeinsam mit der Griechischen Akademie der Wissenschaften und der Griechischen Ornithologischen Gesellschaft ein Forschungsinstitut eröffnet, das sich der Umweltforschung, aber auch der Vermittlung von Wissen über unsere Umwelt an Kinder und Erwachsene verpflichtet fühlt „Ändern wir unsere Gewohnheiten, nicht das Klima“ steht gleich am Eingang. Die ersten Ergebnisse der Beobachtungen sind vielversprechend: Keine Vogelart hat die Region verlassen, die Gesamtzahl der Tiere ist sogar gestiegen, weil gezielt durch die Auswahl der Bäume und Sträucher speziell für Vögel mehr Nistplätze geschaffen wurden. Die riesige Anlage wurde mit viel Sinn für Schönes, mit „Anleihen“ aus der Antike Messeniens und mit viel Gespür für die Bedürfnisse der Urlauber errichtet. Energieeffiziente Baumaterialien verringern die Wärmeverluste und isolieren bei großer Hitze, 5000 Quadratmeter begrünte Dächer schaffen darunter eine gesunde Atmosphäre. Weitläufige Parkanlagen mit phantasievoll gestalteten Swimmingpools, eine Badelandschaft und ein ganzes Hotel speziell für Kinder („Sand-Castle“), Radwege, Joggingpfade usw. wurden angelegt. Hier kann man tauchen, klettern, wandern, Bowling, Squash und Tennis spielen. Es gibt Kurse für griechische Küche, traditionelles Handwerk wird vorgestellt. Bei „Philosophischen Spaziergängen“ unter tausendjährigen Olivenbäumen kann man mit Professoren über Gott, die Welt und die Umwelt nachdenken. Interner Betriebsverkehr innerhalb der Hotelanlagen ist übrigens nur mit Elektrofahrzeugen erlaubt. Selbst wenn "Costa Navarino" voll belegt ist, gibt es am Abend in den gastronomischen Einrichtungen kein Drängeln. Insgesamt 19 Cafés, Bars, Pubs und Restaurants erwarten ihre Gäste. Versteht sich, dass die Zutaten für griechische und internationale Spezialitäten aus der Region, wenn nicht sogar aus den Gärten der Hotelanlage kommen, die Hausweine vom eigenen Bio-Weinberg. Rund um die „Agora“ - den zentralen Marktplatz - kann man shoppen, speisen, Kino schauen, Musik erleben. Und überall ist Kunst! Es gibt kaum einen Raum ohne Kunstwerke. Viele Elemente architektonischer Gestaltung haben Bezug zur Antike. Bekannte und weniger bekannte Künstler, Maler, Bildhauer, Keramiker, Metall-, Textil- und Holzgestalter haben Kunstwerke für "Costa Navarino" geschaffen. In der Planung ist ein Museum, in dem die wertvollen Funde, die bei den Bauarbeiten freigelegt wurden, ausgestellt werden. Mit den Grabungen war das Deutsche Archäologische Institut unter der Leitung von Professor Dr. Jörg Rambach beauftragt. Die Funde, die bis in die Zeit von 3000 v. u. Z. datieren, werden jetzt aufgearbeitet, katalogisiert und wissenschaftlich ausgewertet. Gespannt sein darf man auf die nächste Ausbaustufe – „Navarino Bay“. Hier wird es erstmals in einem großen touristischen Objekt „Erdhäuser“ geben. Alle Häuser werden begrünte Dächer haben, tief in der Erde stecken und somit für die Bewohner ein gesundes Mikroklima bilden, das kaum Energie für Heizung oder Kühlung benötigt. Die nächsten Projekte heißen „Navarino Hill“ - mit attraktiven Kletterfelsen – und „Navarino Blue“ mit einer riesigen Wasserlandschaft, gleich in der Nähe von Kalamata, und “Navarino Residence” - eine Wohnanlage für gutbetuchte Senioren. Fehlt eigentlich nur ein Fakt, der das Bild abrundet und mit dem „Costa Navarino“ bei allem Für und Wider einen insgesamt sehr positiven Eindruck hinterlässt: Hier wurden 1200 Arbeitsplätze neu geschaffen, darunter viele Ausbildungsplätze! Alle diejenigen, die in der Region von den neuen touristischen Einrichtungen profitieren, gar nicht mitgerechnet. Die Bemühungen der Entwicklungsgesellschaft „Temes“ haben sich gelohnt. Ende August 2011 erhielt „The Romanos“ von dem renommierten Reisemagazin „Condé Nast Traveller“ den ersten Preis in der Kategorie „Favourite Overseas Leisure Hotel in Europa, Kleinasien und der Russischen Föderation“. Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein griechisches Hotel mit einer solchen Auszeichnung geehrt wurde. Wilfried Jakisch
Einer der beiden Stauseen.                      Foto: Temes Nutzung von Erdwärme: Unter den Golfplätzen wurden 123 km  Rohrleitungen verlegt.                                                   Foto: Temes In der “Natura Hall”: Moderne Medien präsentieren die Tier- und Pflanzenwelt rund um “Costa Navarino”. “Umzug” eines hundertjährigen Olivenbaums. Alle bisher umgesetzten Bäume sind erfolgreich wieder angewachsen.                       Foto: Temes Flamingos sind gern gesehene Gäste in der Lagune von Gialova.                            Foto: Temes Peter Alatsas, der General Manager von “Costa Navarino” auf Inspektionsfahrt. Er nahm die Herausforderung an und kehrte aus Kanada nach Griechenland zurück - mitten in der Krise. Seine Meinung: “Eine von Menschen geschaffene Krise werden wir mit den Menschen, mit der Geschichte und mit den Schönheiten des Landes überwinden.”