“Singakademie Niedersachsen” begeisterte mit dem”Canto General” in Griechenland Künstler und Publikum feierten Mikis Theodorakis Die “Singakademie Niedersachsen”- ein Ensemble mit etwa130 Sängerinnen und Sängern, Orchestermusikern und Solisten - gastierte mit Theodorakis’ großem Werk in Griechenland. Zunächst einmal verdient hier der großartige Einsatz aller Mitglieder des Ensembles eine Würdigung, denn alle haben ihren Urlaub für dieses Gastspiel geopfert und dazu die Flüge noch selbst bezahlt! Beim Auftritt in Derveni in der Korinthia erschien dann unerwartet Mikis Theodorakis selbst und würdigte ausdrücklich den persönlichen Einsatz aller, die sich nicht von der gehässigen Berichterstattung deutscher Medien beeindrucken ließen und trotzdem nach Griechenland gekommen waren. Der greise Komponist, der mit seinen 85 Jahren einen durchaus frischen Eindruck machte, dankte speziell dem Dirigenten Claus-Ulrich Heinke für dessen Engagement. Er kenne ihn seit vielen Jahren und weiß, dass er sozusagen mit dem ”Canto General” seit der Aufführung von 1980 im ”Palast der Republik” in Berlin “verlobt” sei. Als ihm Heinke im Mai 2010 sein Konzept für die Aufführung in Griechenland vorstellte, habe er spontan zugestimmt. Um es vorweg zu nehmen: Das Konzert in Derveni war ein großer Erfolg. Vor etwa 500 Zuhörern gaben der Chor, die Solisten, das Orchester und letztlich natürlich auch der Dirigent ihr Bestes. Heidrun Heinke - die weibliche Solostimme - musste kurzfristig einspringen und entledigte sich der schwierigen Aufgabe mit Bravour. Bekanntermaßen kann beim “Canto” von ‘Gleichberechtigung” bei den Solostimmen keine Rede sein. Die Frauenpartie ist nicht nur länger und komplexer, sie ist auch extrem schwierig und erfordert extreme Anspannung bei den Einsätzen. Die männliche Solostimme ist zwar bei weitem kein Spaziergang, doch sie hatte mit José V. Lopez de Vergara einen routinierten Interpreten, der die Partie sicher “drauf hat” und entsprechend brillierte. Die großen Auftritte im “Canto” hat jedoch der Chor. Und wie er sie nutzte! Die über 100 Sängerinnen und Sänger wurden vom Dirigenten zu Höchstleistungen getrieben. Und sie brachten sie - von gelegentlichen kleinen “Hängern” abgesehen. Die lagen naturgemäß mehr bei den leisen und langsamen Passagen. Bei den großen und berühmten Stellen (Algunas Bestias, Los Libertadores) waren alle ‘”voll da”. Geradezu grandios dann das Finale “America insurrecta” - mit dem berühmten “Nostra Tierra”. Hier waren sich Solisten, Chor und Orchester völlig einig. Es war ein gewaltiger Klang, und entsprechend war auch der Schlussapplaus des Pulbikums. An dieser Stelle auch einmal ein uneingeschränktes Lob an die griechischen Tontechniker, die in Derveni einen wirklich guten Job gemacht haben. Mikis Theodorakis bedankte sich nach dem Konzert bei Claus-Ulrich Heinke und allen Künstlern für eine wunderbare Aufführung. Der große Meister nach seinem Urteil von mir befragt sagte, es sei alles wunderbar gewesen. Also, schließen wir uns dem Urteil eines Mannes an, der es schließlich wissen muss: Es war alles wunderbar! Der “Canto” ist ein in Griechenland eher selten gespieltes Werk von Theodorakis. Es fehlen einfach die großen Chöre. Geplant waren ursprünglich drei Konzerte: Patras, Athen und Derveni. Dass es nur zwei wurden. ist nicht ganz geklärt, denn das Athener Konzert im Vorort Kessariani wurde unter fadenscheinigen Gründen abgesagt. Waren es Unfähigkeit, Dummheit, Schlamperei oder gar gezielte Sabotage? Wollte jemand deutsche Künstler nicht haben, weil sich deutsche Medien gegenüber Griechenland im Ton vergriffen hatten? Möglich wärs, aber das ist kleinlich und zumindest den Künstlern gegenüber nicht fair. Sie waren es schließlich, die persönliche Entbehrungen und Kosten auf sich genommen haben, um in Griechenland zu demonstrieren, dass Deutsche sehr wohl Freunde Griechenlands sind. Schade, denn ich kenne etliche Athener, die sich auf das Konzert sehr gefreut hatten. Was nun wirklich Fakt war, wird wohl nie ganz geklärt werden... Typisch Griechisch dann der Ausgang des Abends: Einladung in eine Taverne am Meer. Musik, Essen und Wein. Auch Mikis ließ es sich nicht nehmen, mit dem Ensemble einige Stunden im Tabakqualm (Rauchverbot in Griechenland seit dem 1. September!) in der Taverne zu verbringen.  Dabei war übrigens auch Petros Pandis (rechtes Bild neben Mikis), der selbst viele Male die männliche Solopartie im “Canto General” gesungen hat. Sein Urteil über das Konzert: “ein hervorragender Chor und sehr gute Solostimmen!” Es wurde ein schöner Ausklang eines schönen Abends. Die Band spielte zum Auftakt - natürlich Theodorakis, und der Meister sang mit. Wir haben ihn selten so vital erlebt wie an diesem Abend! Und es ging noch weiter. Wie man mit etwa 20 Leuten auf 5 Quadratmetern Sirtaki tanzen kann, so etwas lernt man nur in Griechenland. 00.15 Uhr: Die ganze Spannung ist abgefallen. Ein deutlich lockerer und zufriedener Chorleiter und Dirigent verabschiedet Mikis Theodorakis. Wiederkommen ist so gut wie vereinbart. Dass das Ensemble am nächsten Morgen um 5 Uhr ab Hotel Richtung Flughafen aufbrechen musste, wurde von Griechen nur mild belächelt. “Warum haben die denn die Koffer nicht gleich mitgebracht? Sie hätten doch viel bequemer gleich von hier zum Flughafen fahren können” - der Kommentar eines Griechen. Wir sind geblieben, um 4 Uhr war dann allerdings wirklich Schluss. Den vorbeifahrenden Bus mit dem Chor haben wir nicht mehr gesehen... Wilfried Jakisch